Layer by Layer
Paul Czerlitzki faszinieren die Grundelemente der Malerei: Farbe, Bildträger und das Aufeinandertreffen dieser beiden Elemente. Dabei interessiert ihn das Sichtbarwerden von Spuren bei dieser Begegnung.
In seinen Bildern geht er den Fragen nach: Wie entsteht ein Bild? Welchen Einfluss kann der Künstler nehmen oder auch wie weit kann er sich aus dem Prozess herausziehen? Was passiert zufällig, was bewusst? Was bildet sich sofort ab und was entsteht erst mit der Zeit?
Er schafft monochrome Tafelbilder, bei denen die einheitliche Farbfläche durch Schleier, Schlieren oder Unregelmäßigkeiten gebrochen wird. Seine Bilder entstehen in langjährigen Werkserien, für die er die Arbeitsschritte gleich einer Versuchsanordnung plant und durchführt.
Für die Werke der Untitled-Serie (1+3) wird auf eine grundierte Leinwand eine zweite unbehandelte gespannt, im nächsten Schritt trägt der Künstler Farbe mit dem Kompressor auf, die Farbe drückt sich durch das Gewebe hindurch auf die darunterliegende Leinwand. Bei dieser Serie sieht der Künstler das durch ihn nur zum Teil zu beeinflussende Endergebnis erst, wenn er die obere Leinwand wieder abnimmt.
Für Kienbaum realisiert Paul Czerlitzki eine Wandarbeit, in der die Wände des Konferenzbereichs zur Bildfläche werden.
Die Delay-Serie ist die Entscheidung, diesen finalen Arbeitsschritt, die obere Leinwand zu entfernen, nicht mehr zu machen und eigentlich etwas zu zeigen, was davor nur er im Atelier gesehen hat. Jedes Delay-Bild verbirgt also noch ein Bild nach Art der Untitled, das potenziell irgendwann enthüllt werden könnte.
Die Bilder der Relay-Serie (5–10) entstehen fast beiläufig. Denn auf dem Atelierboden liegende Leinwände nehmen Farbpigmente auf, die während der Arbeit mit dem Kompressor in der Luft herumschwirren und sich erst nach einiger Zeit absetzen.
Die unterschiedliche Intensität des Farbauftrages, die Schlieren und Unregelmäßigkeiten werden durch das Handling der Leinwände im Produktionsprozess oder durch den Künstler im Atelier verursacht. Diese Berührungen zeugen davon, wer sich in die Geschichte eines Bildes eingeschrieben hat. Die Konzentration auf die Grundelemente zeigt sich auch in einer sehr reduzierten, minimalistischen Formensprache: Seine Farbpalette beschränkt sich auf Schwarz, Silber und ein dunkles Rot.
Zeit spielt bei dem künstlerischen Tun von Paul Czerlitzki eine tragende Rolle. Dabei gibt es verschiedenen Tempi. Die Zeit, bevor die Leinwand im Atelier auf den Keilrahmen gespannt wird, wirkt genauso auf das Endergebnis ein wie auch künstlerische Entscheidungen, die in der Zukunft liegen können.
Die Geschwindigkeit mit der die Farbe mithilfe des Kompressors auf der Leinwand gespritzt wird, ist diametral zu der Gemächlichkeit mit der sich die Farbpigmente auf den Leinwänden der Relay-Serie absetzen. Es kommt zu Verzögerungen, Brüchen und Verschiebungen, aber auch Kontinuität und gleichzeitig Erneuerung.